K i n d e r g e s c h i c h t e

 

 

Eine von mehreren Tiergeschichten für kleinere Kinder, aus denen in Zusammenarbeit mit einer Illustratorin* gerade Bilderbücher entstehen.

 

(*Isabelle Bühler, Illustratorin)

 

Spatz Matz geht ins Schwimmbad

 

Im Herbst und Winter badete der Spatz Matz in den Regenrinnen von alten Häusern. Wenn der Ablauf der Regenrinnen verstopft war, blieb das Wasser lange darin und wurde schön warm, sobald die Sonne ein Weilchen schien. Wenn es im Frühling kräftig geregnet hatte, badete er auch gern in grossen Pfützen. Das war allerdings ein wenig gefährlich, denn oft sprangen Kinder mit Gummistiefeln in die Pfützen oder Radfahrer sausten mittendurch. Als kleiner Spatz musste er dann sofort wegflattern, auch wenn er noch gar nicht fertig gebadet hatte und erst an den Beinen und an den Flügelspitzen nass war.

 

Jetzt war Sommer. Von seinem Lieblingsbaum aus schaute Matz ins Schwimmbad hinüber. Dort gab es zwei Wasserbecken: Eines war rechteckig und hellblau, das andere war etwas kleiner, rund und eher graublau. Im kleinen Becken spritzte in der Mitte eine Wasserfontäne in die Höhe, und rund um die Fontäne gab es einen Kreis mit grossen Steinen, die aus dem Wasser ragten. Die Kinder sprangen mit Gekreisch von Stein zu Stein und liessen sich duschen. Wie gerne wäre der Spatz Matz auch einmal unter dieser Wasserfontäne gestanden! Aber abends, wenn die Kinder nach Hause gingen, wurde die Fontäne abgestellt. Und tagsüber traute er sich nicht dorthin.

 

Spatz Matz tappte von einem Fuss auf den anderen und piepte ein paar mal traurig in den Himmel. Puuh, war das heiss heute.

 

Er könnte ja mal auf das Mäuerchen fliegen, das das Schwimmbad umgab. Matz flatterte von seinem Baum und landete an einem schattigen Platz, nicht weit vom Restauranthäuschen des Schwimmbads entfernt. Vorsichtig hüpfte er ein wenig das Mäuerchen entlang und guckte neben dem Häuschen vorbei auf die Terrasse des Restaurants. Dort waren immer viele andere Spatzen, weil von den Tischen leckere Bröckchen von Nussgipfeln und Pommes Frites herunterfielen. Das waren aber grössere und frechere Spatzen, die sich gegenseitig immer die besten Bissen zu entreissen versuchten.

 

Matz hopste auf ein Fensterbrett des Restauranthäuschens und schaute in die Küche. Schwupps sprang er auf den rotbraunen Steinboden der Küche und verkrümelte sich in einer Ecke. Hier war es zwar dunkel, aber schön kühl! Er plusterte sein Gefieder auf und ruhte sich ein wenig aus. Dann spazierte er ein Weilchen den Fugen zwischen den Steinplatten entlang, immer im Kreis um fünf ganz bestimmte Platten. Weiter vorne in der Küche waren grosse Menschenbeine in weissen Hosen zu sehen, die langsam hin und her schlurften. Da fiel neben den Menschenbeinen ein grüner Schnipsel auf den Boden. Neugierig hüpfte Matz näher, als der Mensch gerade ein bisschen weiter weg war. Mmmmh, schmatz, Salat! Matz zog den Salatschnipsel in seine dunkle Ecke und ass ihn auf. Vielleicht gab es ja noch mehr davon?

 

Salat war keiner mehr zu sehen, aber ein weiches, rotes Häufelchen. Matz pickte hinein. Es war eine zermanschte Erdbeere und schmeckte ihm so gut, dass er sie gleich an Ort und Stelle verputzte. Davon wollte er mehr! Er traute sich sogar, hochzuflattern und auf dem Tisch an der Wand nachzuschauen, ob noch welche da waren. Doch vor dem Tisch stand der grosse Mensch und schnitt die Erdbeeren klein. Die Stücke liess er direkt in eine Schüssel fallen. Matz tappte wieder ungeduldig von einem Fuss auf den andern. Nur noch eine Erdbeere wollte er haben.

 

Nach einer Weile drehte sich der Mensch um und sprühte Wasser aus einer kleinen Pumpflasche auf die Kräutertöpfe, die am anderen Ende des langen Wandtischs standen. Diese Gelegenheit liess sich Matz nicht entgehen: Er hüpfte auf den Rand der Schüssel und schnappte sich ein kleines Erdbeerstückchen. Dann noch eine grösseres. Doch schon kam der Mensch zurück.

 

Seinen Erdbeerschmaus wollte Matz nicht mehr hergeben. Aber das Stück in seinem Schnabel war zu schwer, um damit wegzufliegen. Matz starrte den Menschen vom Rand der Erdbeerschüssel aus an. Da nahm der Mensch seine Sprühflasche und spritzte Matz mit eiskaltem Wasser nass, einmal, zweimal, dreimal!

 

Matz erschrak kurz und heftig. Aber fein und zart war die Dusche, wie extra für Spatzen gemacht. Pudelwohl fühlte er sich jetzt, schön sauber, kühl und frisch. Von der Erdbeere verschluckte er noch einen Bissen, den Rest liess er fallen. Dann stiess sich Matz vom Rand der Schüssel ab, piepte ein paarmal übermütig und flog zum Fenster des Restauranthäuschens hinaus. Das Schwimmbad war eigentlich doch eine gute Idee für heisse Sommertage. Und das runde Schwimmbecken mit der Fontäne ... phh, wen interessierte das schon.